Chinas Firmen gehören einfach zum Weltmarkt
- CIIPA
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Annika Klar, Senior Vice President New and Global Business Development, Deutsche Messe AG

Frau Klar, was sind aktuell Ihre wichtigsten Zielsetzungen?
Wir müssen uns als Messegesellschaft gerade heute an den Fragen unserer Kunden ausrichten: Was brauchen sie, wo brauchen sie in welchem Markt welche Unterstützung? Wie verändern sich diese Märkte für die Kunden? Wie können wir sie bestmöglich begleiten und für sie neue Chancen erschließen? Das heißt für uns, unseren Kunden in diesen außergewöhnlichen Zeiten Stabilität und Kontinuität zu vermitteln. Wie immer sie sich neu ausrichten, wohin sie neue Kontakte brauchen - wir beraten und begleiten sie.
Welches sind die Topthemen, die Sie für alle internationalen Plattformen der Deutschen Messe als zentral ansehen?
Ein Topthema auf all unseren Plattformen ist tatsächlich die weltwirtschaftliche Veränderung - vom weltumspannenden offenen Handel zu immer mehr Protektionismus, wo es Unternehmen schwerer fällt, den Krisen zu antizipieren, das Business stabil zu halten und selbst verlässlich zu bleiben. Das zweite große globale Thema ist natürlich die Künstliche Intelligenz. Wie sie die Produktion verändert, neue Geschäftsmodelle ermöglicht, - das wird auf allen unseren Plattformen diskutiert. Und das dritte Megathema bleiben Energieeffizienz und Nachhaltigkeit. Der Green Deal der EU, Transparenz und Nachhaltigkeit in den Lieferketten - das ist auch für international aktive Unternehmen wichtig, die in ihren nationalen Märkten solche Richtlinien noch nicht kennen.
Ein Zukunftsthema für jede Messegesellschaft sind neue Services, die den klassischen Flächenverkauf ergänzen. Was sehen Sie auch international als gefragte neue Dienstleistungen an?
Es geht darum, die genannten großen Themen anfassbarer zu gestalten. Konferenzen und Wissensvermittlung werden immer wichtiger. Das heißt: Überall auf der Welt die richtigen Leute zusammenzubringen, die großen Challenges zu thematisieren und mit den Kunden neue Geschäftsmodelle zu diskutieren. Weltweit eine Chance sind auch Zwischenkonferenzen, wo wir Premiumpartnern neue Beteiligungsformate anbieten können und Wissensvermittlung nicht nur einmal pro Jahr, sondern auch und unterjährig voranbringen. Hiermit können wir uns gut vom Wettbewerb abheben und haben auch Möglichkeiten dies zu monetarisieren.
Was ist dazu die passende Organisationsstruktur: Zentral gesteuerter Vertrieb, knallhartes weltweites Branding oder die große Freiheit der Ländergesellschaften beim Wettbewerb in den Zielmärkten? Als langjährige und erfolgreiche Geschäftsführerin der Deutschen Messe in der Türkei - wie sehen Sie diesen Spagat?
Ich begreife das gar nicht als Spagat, sondern als Dialog. In der Covid-Pandemie hat die Deutsche Messe dabei einen großen Schritt nach vorne getan. Die Tochtergesellschaften haben weltweit eine große unternehmerische Freiheit bekommen - nach dem Motto: Ihr seid für euer Land verantwortlich, ihr kennt die Themen, ihr wisst, wie Veranstaltungen weiterzuentwickeln sind und wie ihr am besten Neugeschäft zu Themen aufbauen könnt, die bei euch in das Land passen. Dies hat einen ziemlichen Wachstumsschub gebracht.
Weltweit geht es nun darum, im Zusammenspiel mit dem Headquarter und allen Tochtergesellschaften das Brand Management weiter zu professionalisieren, das Potenzial der Brands für die einzelnen Märkte zu analysieren und sie für diese passend zu gestalten. Und darum, Neugeschäft losgelöst von den bestehenden Brands aufzubauen.
Was ist dann Ihre neue Aufgabe, hier im Headquarter?
Jetzt in meiner neuen Aufgabe geht es darum, unser Neugeschäft voranzubringen - im Inland- wie im Ausland. Mit Partner, Stand-Alone und auch durch M&A. Nach der Pandemie vernetzen wir jetzt unsere Tochtergesellschaften im Ausland nicht nur auf der Brand- Ebene sondern auch bei der Produktentwicklung neu.
Wir verstehen uns als weltweites Team, um Synergien besser zu nutzen. Wir möchten schneller und schlagkräftiger werden und die unternehmerische Freiheit gemeinsam für Wachstum nutzen.
Sprechen wir über den Messemarkt China. Die UNIDO, die ein wichtiger Partner der Deutschen Messe ist, spricht in einer neuen Studie davon, dass China 2030 den Anteil an der Weltindustrieproduktion noch einmal kräftig ausweiten kann. Was bedeutet das für die Industriemessen?
China ist und bleibt für uns sehr relevant. Aus verschiedenen Gründen. Zum einen haben sich die Unternehmen dort massiv weiterentwickelt. Die Zeiten sind vorbei, in denen auf die kleinen, chinesischen Messestände heruntergeschaut und vor Produktpiraterie gewarnt wurde. Mittlerweile kommen neben Highscale qualitativ gute und innovative Produkte aus China. Die Firmen gehören einfach zum Weltmarkt, daran kommt kein Mensch vorbei. Zölle werden nichts daran ändern, was in China durch Know-how, Entwicklung und Forschung und auch durch internationale Zukäufe entstanden ist. Auch wenn der chinesische lokale Markt leicht stagniert, bleibt er nach wie vor ein sehr wichtiger Binnenmarkt. Auch wenn wir auf unseren Messen Besucher aus Japan, Korea, Australien etc. haben, ist der Kern der Besucherschaft zumeist Chinesisch, eben aufgrund der immer noch hohen Binnennachfrage.
Für die industrielle Entwicklung und für internationale Investitionen werden Ökosysteme immer wichtiger, in denen sich starke lokale Supply Chains entwickeln können. Wie fördern Ihre Messen die Vernetzung, die dafür notwendig ist?
Wichtig ist, dass wir vermehrt in die sogenannten Second Tier Cities gehen - die ja auch alle Millionenstädte sind. Zu Beginn unserer Aktivitäten in China waren wir sehr stark in Shanghai, teilweise in Peking präsent, dann folgten Shenzhen und Guangzhou.. Jetzt schauen wir in andere Städte und Provinzen: Wo wird was gebraucht? Was sind lokale Lieferketten, was für Themen und Produkte passen dort dazu? Dabei entwickeln wir übrigens nicht nur unsere bestehenden Brands lokal weiter, sondern erweitern unser Portfolio - übrigens mit lokalen Produktentwicklern vor Ort. So haben wir zum Beispiel ein B2C-Konzept für die Generation Z in China gelauncht oder neben -. den klassischen Industriethemen auch die jüngste Kooperation beim Thema Security und Firefighting in Beijing. .
Gibt es von Ihrer Seite Wünsche an die Industrie- und Messepolitik in China?
Ja, der Wunsch ist einfach, dass das Land offen bleibt für den Input von draußen, auch bei den Themen der Messewirtschaft. Dass man sich weiter zuhört, dass Märkte also nicht protektionistisch verschlossen werden. Wir brauchen uns ja gegenseitig. Chinesische Firmen gehen stark hinaus in die Welt. Aber die Welt soll auch weiterhin leicht nach China kommen können.
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