C4: Neue Beschichtung reduziert Verschleiß der Bremsscheiben
- CIIPA
- 8. Apr.
- 4 Min. Lesezeit
Interview mit Tilo Steinmeier, CEO C4 Laser Technology GmbH.

Können Sie die Innovation beschreiben, die C4 für die Herstellung von Bremsscheiben entwickelt hat?
Die C4 Laser Technology GmbH ist ein Technologie -Entwicklungs-Unternehmen. Wir haben uns in den letzten Jahre darauf konzentriert, Beschichtungssysteme für Bremsscheiben zu entwickeln. Mit unserer Technologie bearbeitete Bremsscheiben haben keinen messbaren Verschleiß und rosten nicht mehr, auch nicht innerhalb der Lüfterkanalstrukturen.
Warum ist das relevant? Warum braucht das der Markt?
Der ursprüngliche Bedarf kam aus der PKW-Industrie und war getrieben durch die neuen Regulierungen im Zusammenhang mit der Euro7 Norm und den Gesellschaftspolitischen Fokus auf Elektromobilität. Elektrofahrzeuge führen die meisten Bremsungen (ca.95%) durch Rekuperation aus. Sie gewinnen beim Bremsen elektrische Energie zum Laden der Batterien zurück. Trotzdem brauchen die Fahrzeuge für Notbremsungen eine mechanische Bremse, die aufgrund des höheren Fahrzeuggewichtes mitunter sogar noch stärker sein muss, als bei Fahrzeigen mit Verbrennungsmotor. Herkömmliche Bremsscheiben sind aus Grauguss. Dieses Material bietet viele preisliche, verarbeitungstechnische und funktionale Vorteile für Fahrzeuge im Massenmarkt. Bremsscheiben aus Grauguss haben allerdings einen großen Nachteil; Sie rosten! Die verbleibenden 5% der mechanischen Bremsungen beim Elektrofahrzeug reichen nicht mehr aus, die Bremsscheibe zuverlässig sauber zu bremsen. Eine angerostete, stark oxidierte Oberfläche hat nur noch einen Bruchteil der Bremswirkung, bis hin zum Versagensfall. Wir haben das Problem dadurch gelöst, dass wir mittels eines modernen Laser-Verfahrens eine stoffschlüssig angebundene Schicht aus Edelstahl mit speziell entwickelten Karbid-Werkstoffen auf gewöhnliche Grauguss-Bremsscheiben aufbringen. Damit erreichen wir nicht nur einen dauerhaften Korrosionsschutz auf den Reibflächen, sondern obendrein eine deutlich verbesserte Bremswirkung bei um bis zu 100% reduziertem Verschleiß. Auch der Verschleiß der Bremsbeläge wird bis zu 35% reduziert. Beides wirkt sich sehr positiv auf die Feinstaub-Emission aus. Künftig werden sich auch die Bremsbelag-Hersteller auf die neuen Hartstoff-Beschichtungen einstellen und mit neuen, speziell angepassten Bremsbelägen noch weitere Verbesserungen erzielen.
Wie sieht die Herstellung aus?
Bei der Entwicklung legten wir von Beginn an Wert auf Wirtschaftlichkeit und Tauglichkeit für die Großserie.Wir haben die Technologie so weit optimiert, dass die zusätzlichen Herstellungskosten zu großen Teilen durch mögliche Material- und Energie-Einsparungen beim Fertigungsprozess kompensiert werden können.
Um auch die Kühlflächen im Inneren der Bremsscheibe und die Nebenflächen zuverlässig schützen zu können, haben wir eine zweite Technologie entwickelt. Mittels eines einfachen Thermischen Spritzverfahrens und einer anschließenden ausgeklügelten Wärmebehandlung erzeugen wir eine in den Werkstoff eindiffundierte Korrosionsschutz-Schicht, die stoffschlüssig mit dem Grund-Material der Bremsscheibe verbunden ist. Dieser schützt zuverlässig über die gesamte Einsatzdauer und ist im Gegensatz zu sonst eingesetzten Lack-Systemen auch hitzebeständig, löst sich also beim Bremsen nicht auf.
Mit der Kombination beider Kerntechnologien von C4 werden die Bremsscheiben außerordentlich robust und langlebig bei besten Bremseigenschaften. Die Schlüsseltechnologien und Werkstoffe von C4 sind weltweit zum Patent angemeldet. In den weitaus meisten der Anmeldungsländer sind die Patente bereits erteilt.
Können Sie etwas zum Unternehmen und seiner Entwicklung, zum Team sagen? Wie kamen Sie zu diesem Erfolg?
C4 ist nicht das erste Unternehmen was seine Gründer gegründet und mit außerordentlich befähigten und motivierten Mitarbeitern erfolgreich aufgebaut haben. Schlüssel zum Erfolg ist der Fokus auf das, was wirklich gebraucht wird. Besteht das Kerngeschäft - wie in unserem Fall - in Technologie-Innovation, muss man sich genau überlegen, mit welchen Partnern man zusammenarbeitet. Wir haben uns auf solche OEM, Bremsscheiben-Hersteller und Industriepartner konzentriert, bei denen wir eine hohe Motivation und ein großes Innovationspotential verspürten. Das bekommt man schnell heraus, wenn man mit den Leuten praktisch arbeitet. Das ist kein Schreibtisch-Job. Wir haben uns als C4 dazu entschieden, keine eigenen Produktionskapazitäten vorzuhalten, sondern alles, was wir für die eigene Technologie-Entwicklung und die Herstellung von Prototypen benötigen, bei zuverlässigen Industriepartnern herzustellen.
Was sind Ihre Ziele, wie geht es weiter?
Die Technologie ist fertig entwickelt. Gegenwärtig konzentrieren wir uns auf deren weltweite Vermarktung. Das geschieht einerseits durch Lizenzverträge mit OEM’s und Bremsscheiben-Herstellern. Andererseits suchen wir nach einem starken Unternehmen mit der Ambition und dem Potenzial, sein weltweites Geschäft durch Nutzung unserer Technologie und unserer Patente signifikant auszubauen. Das weltweit adressierbare Marktvolumen für Bremsscheiben allein im PKW-Bereich wurde durch eine externe Unternehmensberatung auf >700 Mio. Stück pro Jahr und das weltweit adressierbare Lizenzvolumen auf 1 Mrd. € pro Jahr geschätzt. Trotz angespannter Wirtschaftslage ist das Interesse an unserer Technologie groß.
Welche Rolle spielt China bei Ihren Zukunftsüberlegungen?
Bei einem von der CIIPA organisierten Besuch in der Volksrepublik China im Spätsommer vergangenen Jahres hatten wir Gelegenheit, eine Vielzahl chinesischer Unternehmen zu besuchen. Wir traten die Reise bereits mit einer sehr positiven Grundhaltung gegenüber der Volksrepublik China und einigen Erwartungen an. Das Erlebte jedoch hat unsere Erwartungen übertroffen. Besonders beeindruckt haben uns folgende Dinge:
Die immense Schnelligkeit, und persönliche Zuwendung mit der unsere Gesprächspartner auf unsere Belange reagierten. Der ausgeprägte Sachverstand, und der sichtbare Erfolg, mit dem die chinesischen Regionalregierungen im Schulterschluss mit mittelständischen Unternehmen ihre Wirtschaftspolitik vorantreiben. Die Fachkunde chinesischer Ingenieure und deren Einstellung zum Unternehmen: Die Bodenständigkeit und Verbindlichkeit chinesischer Unternehmer: Und schließlich: Das profunde methodische Vorgehen bei gesellschaftspolitischen Großvorhaben wie auf dem Weg zur New-Energy-Mobility, den ich als „Think Big – Start Small – Scale Fast“ bezeichnen würde. Wir haben in Deutschland einen anderen – vermeintlich schnelleren – Weg für die Elektromobilität gewählt und sind damit auf dem Bauch gelandet … Summa summarum: Das chinesische Klima von Innovation, Durchschlagskraft und wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen fühlt sich für das, was wir verkörpern, und das,was wir mit C4 erreichen wollen, sehr gut an. Aus meiner Sicht leistet die CIIPA eine wirklich gute Arbeit für die Eröffnung von Wirtschafts- und Kooperationsmöglichkeiten für deutsche Unternehmen – - zum gegenseitigen Vorteil.

Interview geführt von Hans Gäng, local global GmbH
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