Bei Klimaschutz und technologischer Innovation sind internationale Kooperationen unabdingbar.
- CIIPA
- 8. Apr.
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Interview mit Michael Schumann Vorsitzender des Vorstands, Bundesverband für Wirtschaftsförderung und Außenwirtschaft (BWA).

Wie entwickelt sich die Diskussion in den Unternehmen über das Thema China, das in den letzten Monaten immer stärker politisch diskutiert wird?
Die Diskussion hat sich in den letzten Monaten weiterentwickelt. Was wir beobachten, ist eine zunehmende Differenzierung in der Debatte. Während die politischen Rahmenbedingungen und mediale Berichterstattung oft von Herausforderungen geprägt sind, zeigen uns unsere Gespräche mit mittelständischen und großen deutschen Unternehmen, dass bei vielen das tatsächliche Geschäft vor Ort weiterhin stabil läuft. Viele Unternehmen sehen in China nach wie vor einen strategisch wichtigen Markt, insbesondere angesichts der wachsenden Innovationskraft des Landes und der breiten chinesischen Mittelschicht. Daneben erleben wir, dass China nicht nur als Produktionsstandort und Absatzmarkt, sondern vor allem auch als Ort für die Entwicklung von Zukunftstechnologien an Bedeutung gewinnt. Diese Perspektive geht oft in der allgemeinen Diskussion verloren.
Was sind Ihre Erwartungen an die Politik oder auch an die Verbände, deren Mitglieder erfolgreich im China-Geschäft sind?
Unsere klare Forderung an die Politik ist, den Dialog mit China konstruktiv zu gestalten und wirtschaftliche Interessen von politischen Auseinandersetzungen zu trennen. Es geht nicht darum, Probleme zu ignorieren, sondern darum, sie durch pragmatische und partnerschaftliche Ansätze zu lösen. Außenwirtschaft ist eine Form von Diplomatie, und Unternehmerinnen und Unternehmer sind in diesen aufgeheizten Zeiten manchmal die besseren Diplomaten. Darüber hinaus braucht Wirtschaft stabile und berechenbare Rahmenbedingungen. Verbände dürfen nicht der Politik nach dem Mund reden, sondern sollten ihre Mitglieder dabei unterstützen, in einem zunehmend komplexeren globalen Umfeld Chancen zu erkennen und zu nutzen. Dies tun wir jedenfalls beim BWA. Wir sind weiterhin der Meinung, dass die Kooperation zwischen deutschen und chinesischen Unternehmen eine Brücke bauen kann, die langfristig Vertrauen schafft – auch in diesen Tagen.
Wie bewerten Sie die Auswirkungen der handelspolitischen Diskussionen über und mit China? Was haben Sie für Erwartungen an die kommenden Jahre?
Handelspolitische Diskussionen sind eine Realität, die wir nicht ignorieren können. Sie dürfen jedoch nicht den Eindruck erwecken, dass wirtschaftliche Zusammenarbeit mit China keine Zukunft hat. Im Gegenteil: Die wieder zahlreichen Delegationsbesuche aus China nach der Pandemie und die Reiselust deutscher Unternehmer nach China nach der Visaliberalisierung Anfang letzten Jahres haben gezeigt, dass sowohl deutsche als auch chinesische Unternehmen nach wie vor großes Interesse an einer Vertiefung der Zusammenarbeit haben. Für die kommenden Jahre – insbesondere mit Blick auf 2025 – erwarte ich, dass pragmatische Lösungen gefunden werden, um Handelshemmnisse zu reduzieren und den Zugang zu Märkten auf beiden Seiten zu verbessern. Die angekündigte Unterstützung Chinas zur Belebung des heimischen Konsums, aber auch für weitere Öffnungsschritte ausländischen Unternehmen gegenüber, sind positive Signale, die wir ernst nehmen und würdigen sollten.
Die Belebung des heimischen Konsums und die Öffnungsschritte ausländischen Unternehmen gegenüber sind positive Signale.
Wie beurteilen Sie die Offenheit für Investitionen in beiden Richtungen?
Die Investitionsoffenheit in China hat sich in den letzten Jahren tatsächlich spürbar verbessert. Die Reformen und die zunehmende Liberalisierung in vielen Sektoren, die traditionell als sensibel galten, sind deutliche Zeichen, obgleich auch dort das Thema „nationale Sicherheit“ viele Debatten bestimmt. In Deutschland hingegen gibt es seitens der Politik zunehmende Zurückhaltung, Investitionen chinesischer Unternehmen zu unterstützen. Diese Skepsis mag in manchen Fällen berechtigt sein, führt aber oft zu einem verzerrten Bild. Wir sollten uns bewusst sein, dass Investitionsoffenheit keine Einbahnstraße ist. Ein fairer, gegenseitiger Austausch – ein echtes „level playing field“ – ist auch bei Investitionen entscheidend, um Vertrauen aufzubauen und langfristig wirtschaftlichen Erfolg zu sichern. Zwischen den Anforderungen an unsere Sicherheit und dem Bekenntnis zu marktwirtschaftlicher Offenheit, auf dem lange unser Erfolg in Deutschland beruht hat, gilt es, ein ausgewogenes Gleichgewicht zu finden.
Lassen sich die Wertschöpfungsketten überhaupt entflechten? Macht das technologisch und wirtschaftlich Sinn – gerade vor dem Hintergrund der Herausforderungen beim Klima?
Eine vollständige Entflechtung globaler Wertschöpfungsketten ist weder realistisch noch wünschenswert. Gerade in Bereichen wie Klimaschutz und technologischer Innovation sind internationale Kooperationen unabdingbar. China spielt eine Schlüsselrolle bei der Produktion von Zukunftstechnologien wie Batterien oder Solaranlagen, die für die Energiewende unverzichtbar sind. Aber auch in der Entwicklung und Anwendung der Künstlichen Intelligenz macht China beeindruckende Fortschritte. Statt über Abkopplung zu sprechen, sollten wir darüber nachdenken, wie wir unsere Zusammenarbeit nachhaltiger und resilienter gestalten können. Es geht darum, gemeinsame Standards zu schaffen und voneinander zu lernen, um globalen Herausforderungen effektiv zu begegnen.
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